Zu einem “Kino in der Kirche” werden Gemeinden eines größeren Pfarrbereichs zu gemeinschaftlichen Kino bei Popcorn und Getränken eingeladen. Bei gemeinsamen Abenbrot entsteht auf niedrigschwellige Weise eine Gemeinschaft über die Dorfgrenzen hinweg.
Das Ziel:
Das Ziel des Projekts war es mit wenig finanziellen und personellen Ressourcen ein gemeinschaftsförderndes Erlebnis über Dorfgrenzen hinweg durchzuführen. Es sollten aus verschiedenen Dörfern Menschen auf niedrigschwellige Weise teilnehmen können sowie auch für Menschen mit Einschränkungen zugänglich sein. Das gemeinsame Abendessen eröffnet einen Raum für Austausch und Gespräch.
Die Projektgruppe:
Für die Projektgruppe wurden gezielt Personen angesprochen, die die Vikarin bereits durch verschiedene Veranstaltungen kennengelernt hatte. Dabei war der Vikarin wichtig, dass aus möglichst vielen Dörfern der drei Kirchspiele eine Person vertreten ist sowie mind. eine Person, die bei der diakonischen Einrichtung beschäftigt ist. Die Projektgruppe bestand aus vier hochengagierten weiblichen Gemeindemitgliedern im Alter zwischen 30 und 70, die zugleich auch in einem der drei GKR tätig sind. Somit war jeder GKR mind. einmal repräsentiert. Weiterhin war eine weibliche kirchlich-gebundene Person im Alter von 23 Teil der Projektgruppe, die in der Samariterherberge Horburg in der Küche beschäftigt
ist, und eine männliche kirchlich gebundene Person im Alter von 35, die erst seit ein paar Jahren im Kirchspiel lebt und Anschluss an die Gemeinde gesucht hat. Die Gaben, die die Einzelnen einbrachten, waren sehr divers. Zum einen waren es die Kontakte in das jeweilige Dorf, zum anderen aber auch den Blick auf das, was den Gemeinden gerade guttun könnte. Weiterhin waren manche eher kreativ begabt, andere eher handwerklich und wieder andere brachten kulinarische Ideen ein. Die Projektleitung lag bei der Vikarin und damit auch die Verantwortung, den Überblick zu behalten und die Projekttreffen zu moderieren. Als Gast kam nach dem dritten Treffen eine Person hinzu, die bereits Filmfestivals organisiert hatte und dadurch eine gewisse Expertise miteinbringen konnte.
Verlauf:
Die Projektgruppe traf sich 14 Uhr zum Aufbau. Die Fenster wurden teilweise verdunkelt, das Buffet mit Essen und Getränken wurde aufgebaut, die Popcorn-Maschine wurde nah am Eingang positioniert. Da das Wetter sonnig und trocken war, wurden auch vor der Kirche Stehtische und Sitzmöglichkeiten eingerichtet. Beamer und Leinwand wurden aufgestellt und ein Soundcheck sollte gutes Hörverstehen ermöglichen. Die
Projektgruppe hatte sich darauf geeinigt, rote Kleidung zu tragen, um erkennbar zu sein für die Besucher:innen und mit Verweis auf den Film „Heaven can wait“, da die Chorsänger:innen ebenso rot tragen. Decken auf den Bänken luden die Besucher:innen
ein, es sich gemütlich zu machen, falls es kühl wird an den Beinen. Am Eingang der Kirche wurde der Einlass platziert. Hier erhielt jede Person einen Stempel als symbolische Eintrittskarte. Ebenso wurden auf den Bänken kleine laminierte Kärtchen mit Filmzitaten und Segenswünschen verteilt.
Ab 16:30 Uhr öffnete der Einlass. Beim Eintritt in die Kirche roch es nach Popcorn. Insgesamt kamen 70 Personen (im Alter zwischen 15 und 70 Jahren), was für die Projektgruppe im positiven Sinne überwältigend war. Die Marienkirche in Horburg war bis auf die Emporen belegt. Das Popcorn wurde gut abgenommen, ebenso die Getränke, die in wiederverwendbaren Plastikbecher ausgeschenkt wurden. Um 17 Uhr moderierte
die Vikarin die Veranstaltung an, indem sie alle Personen willkommen hieß und einmal in die Runde fragte, aus welchen Dörfern alle kamen.31 Dabei wurde deutlich, dass sogar Menschen über die Pfarrbereichsgrenzen hinaus, sich auf den Weg gemacht hatten. Die Stimmung war fröhlich und die Menschen sehr neugierig, so die Wahrnehmung der Vikarin. Weiterhin wies die Vikarin in der Anmoderation daraufhin, dass es für
Kirchenkino nicht viel brauche und sehr zur Nachahmung empfohlen sei. Organisatorisches wurde angesprochen, die Projektgruppe vorgestellt. Gemeinsam wurde die erste Hälfte des Films geschaut. Die Stimmung war sehr aufmerksam und dennoch war es möglich für die Personen mit Beeinträchtigung aus der Samariterherberge das Kino zu verlassen oder sich die Beine zu vertreten. Nach 45 min gab es eine 15-minütige Pause, die für den Toilettengang oder einen Snack genutzt werden konnte. Die Besucher:innen kamen bereits in der Pause lebhaft miteinander ins
Gespräch. Um 18 Uhr ging es dann mit dem zweiten Teil des Dokumentarfilms weiter. Um 19 Uhr beendete die Schlussmoderation der Vikarin den Kinoteil und lud zum gemeinsamen Abendessen ein. In der Schlussmoderation war es der Vikarin wichtig, auf inhaltliche Elemente des Films zu sprechen zu kommen. Außerdem wurde auf die umliegenden Chöre aufmerksam gemacht, die sich über weitere Mitglieder freuen und
die Grüße des Hamburger Chores „Heaven can wait“ ausgerichtet. Bevor das Anstimmen des gemeinsamen Liedes „Ich sing dir mein Lied“ das Buffet eröffnete, wies die Vikarin darauf hin, dass die Dörfer vor vielen Herausforderungen stehen, u.a. mit dem Rechtsruck konfrontiert sind und solche Veranstaltungen wie diese nötig sind, um sich gegenseitig zu stärken und offen zu sein für diejenigen, die sich ausgeschlossen
fühlen. Es blieben fast alle noch zum Abendessen und in kleineren und größeren Grüppchen wurde noch über den Film gesprochen. Die Vikarin schlenderte von einem Grüppchen zum anderen und konnte so an den Gesprächen teilhaben und die Stimmung auffangen. Die Stimmung war zwischen fröhlich und nachdenklich. Gerade die Frage der Selbstbestimmung im Alter wurde häufiger angesprochen. Einer Seniorin
sprach der Film sehr aus der Seele, was sie der Vikarin in einem Zweiergespräch offenbarte. Sie konnte sich mit den Senior:innen im Film sehr gut identifizieren und die dort geäußerten Fragen hatten in ihr eine Resonanz ausgelöst. Auch durch die Fragebögen kam eines der Projektgruppenmitglieder in sehr tiefgründige Gespräche mit den Besucher:innen.32 Gegen 20:00 Uhr waren fast alle Kinobesucher:innen nach Hause aufgebrochen und die Projektgruppe begann mit dem Abbau und Aufräumen. Um 21 Uhr verabschiedete die Projektgruppe sich voneinander. Sowohl Auf- als auch Abbau verlief sehr harmonisch und in guter Laune.
Reflexion & Ergebnisse:
Durch das Kirchenkino wurde die Möglichkeit zu niedrigschwelligem Austausch von Gemeindemitgliedern aus verschiedenen Dörfern des Pfarrbereichs rege genutzt. Ein Projektgruppenmitglied kam durch Fragebögen im Anschluss an den Film mit den Besucher:innen ins
Gespräch, was auch unter den Personen Gesprächsimpulse initiierte. Durch gezielte spielerische Methoden wie kleine Aufgaben hätten die Austauschmöglichkeiten noch erweitert werden können. Sicherlich wäre beim nächsten Mal in Erwägung zu ziehen, ob
statt der Projektgruppenmitglieder weitere Personen für das Buffet angesprochen werden könnten, sodass dadurch einerseits mehr Partizipation von noch mehr Menschen möglich wäre (höhere Partizipation steigert meist auch die Besucher:innenzahl) und die Vorbereitung wäre dadurch auf noch mehr Schultern verteilt.
Bei der Veranstaltung nahmen ca. 70 Personen aus mind. 10 verschiedenen Ortschaften teil. Aus der Samariterherberge nahmen ca. 20 Personen teil, die entweder dort in den Werkstätten beschäftigt sind oder im Wohnheim leben. Die Menschen kamen sehr lebhaft miteinander ins Gespräch. Bereits in der Pause wurden Themen und Fragen des Films aufgegriffen und auch beim Abendbuffet diskutierten die anwesenden Besucher:innen über die Frage, was Lebensfreude bereitet, wie das Leben nach dem Tod vorzustellen sei oder wie es um die Selbstbestimmung im Alter stehe. Wie viele Personen sich tatsächlich neu kennengelernt haben, lässt sich schwer sagen. In den Grüppchen nach dem Film standen aber nicht nur Menschen aus einem Dorf zusammen, sondern diese waren teilweise gemischt.
Für die Öffentlichkeitsarbeit nutzte die Projektgruppe die gängigen Kanäle (kommunale Blätter, Gottesdienste, Senior:innenkreise). Verschiedene Vereine wurden angesprochen und schalteten eine Anzeige auf ihrer Homepage. Social Media wurde nur marginal genutzt. Auch an kommerziellen Orten wie Bäckereien oder Physiotherapien und Bushaltestellen wurden Flyer und Plakate angebracht. Am erfolgreichsten war
jedoch die individuelle Ansprache und Einladung. Das Verteilen von Flyern in die einzelnen Briefkästen in Horburg erwies sich als wenig wirksam.
Nach dem Kirchenkino sprachen die Vikarin oder Mitglieder der Projektgruppe mehrere Personen (mind. 5) auf das Format „Kino in der Kirche“ an und zeigten Interesse, ebenso ein solches Format in ihrem Dorf auszuprobieren. Die Angesprochenen gaben ihr Wissen und Kontaktmöglichkeiten weiter.
Alle Projektgruppenmitglieder hatten Menschen aus ihren Dörfern eingeladen, ebenso das Projektgruppenmitglied, die bei der Samariterherberge beschäftigt ist, hatte als Multiplikatorin sowohl in die Werkstätten als auch in ihrer Wohngruppe gewirkt. Ihren Einladungen sind die Menschen maßgeblich gefolgt. Als weiterer Mobilisator wirkte die Suche nach Sänger:innen, um das gemeinsame Lied anzustimmen. So kamen Teile
eines säkularen Chores aus Schkeuditz sowie Zöschen zum „Kino in der Kirche“, die wiederum Bekannte mitbrachten.
Was aus objektiver Sicht schwierig messbar ist, war das Ziel der Projektgruppe, dass die Besucher:innen des „Kinos in der Kirche“ eher fröhlich nach Hause gehen sollen als nachdenklich oder traurig. Dies war unter anderem das ausschlaggebende Kriterium für die Auswahl des Films. Nach Einschätzung der Vikarin und der restlichen Projektgruppe wurde dieses Ziel zwar erreicht, aber eine Überprüfung ist
natürlich schwierig. Die Einschätzungen basieren auf der subjektiven Wahrnehmung der Stimmung und Atmosphäre sowie Gesprächen mit den Besucher:innen. Da viele Menschen lachten und in lebhafte Gespräche vertieft waren, kam die Projektgruppe zu dieser Schlussfolgerung. Ebenso lässt sich schwer messen, ob ein Gemeinschaftsgefühl insgesamt aufkam. Aufgrund der Gespräche mit den anwesenden
Personen und den Einschätzungen der Projektgruppe lässt sich aber dieser Rückschluss ziehen.
Christiana Steiner, Horburg