Ortsgemeinde gestaltet zusammen mit Gefangenen einen Gottesdienst im Gefängnis
Ein Beitrag von Franziska Remdt
Das Projekt bestand aus einem Gottesdienst im Gefängnis mit anschließendem Beisammensein. Das Besondere daran war, dass dieser Gottesdienst gemeinsam von Gefangenen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Suhl-Goldlauter und Mitgliedern des Pfarrbereichs Bischleben gefeiert und auch vorbereitet wurde. Gefangene und Kirchgemeindemitglieder überlegten gemeinsam, wie diese Begegnung gestaltet werden sollte.
Kirche ist für alle offen. Kirche ist inklusiv, und das nicht nur allein im Schulkontext. Ziel des Projektes war es, durch diese Begegnung von Menschen aus sehr verschiedenen Lebenswelten zu verdeutlichen, dass Kirche, Gemeinde und Gottesdienste an keinen Gemeindegrenzen und Gefängnismauern haltmacht. Kirche ist immer auch gelebte Gemeinschaft und dazu gehört es, sich auch selbst einzubringen. So sollte der Gottesdienst und Nachmittag explizit nicht für die Gefangenen, sondern mit den Gefangenen gestaltet werden. Aus dieser Begegnung sollten sich positive Erfahrungen für alle Beteiligten ergeben und Vorurteile abgebaut werden.
Zur Zielgruppe gehörten alle, die daran interessiert waren, gemeinsam mit anderen Personen aus einem völlig verschiedenen sozialen Milieu Gemeinschaft in Christus zu erfahren. So setzte sich die Zielgruppe aus Gefangenen der JVA und Mitgliedern des Pfarrbereichs Bischleben zusammen. Alle, die ein Mindestalter von 18 Jahren hatten, konnten bei diesem Projekt dabei sein.
Es gab aufgrund der beiden Vorbereitungsorte, Gefängnis und Kirchengemeinde, auch zwei Vorbereitungsgruppen. Beide Gruppen bereiteten sich stellenweise zusammen auf den Projekttag (dann natürlich im Gefängnis), stellenweise aber auch getrennt voneinander vor.
Das Projekt benötigte aufgrund der rechtlichen und formalen Umstände, die mit den Anmeldemodalitäten im Gefängnis zu tun haben, eine Vorbereitungszeit von ca. 6 Monaten. Die Genehmigung der Gefängnisleitung musste eingeholt werden und die beiden Projektgruppen mussten sich erst finden, bevor der eigentliche Tag geplant werden konnte. Danach begann die Vorbereitungszeit. „Toleranz und Vergebung“ hatten die beiden Vorbereitungsteams in einer gemeinsamen Sitzung gewählt. So stand dies als großes Thema über dem Gottesdienst und zog sich als roter Faden inhaltlich durch den ganzen Projekttag. An diesem selbst verlief alles so, wie es den Vorbereitungen entsprach. Es wurde ein sehr schöner und Geist-erfüllter Gottesdienst gefeiert. Die von den Vorbereitungsgruppen selbst verfassten Beiträge, wie ein Anspiel, ein Dialog und die Fürbitten sorgten für eine abwechslungsreiche und gelungene Feier. Im Anschluss daran kamen alle Anwesenden miteinander bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch, konnten sich kennenlernen, Fragen stellen und so den eigenen Horizont erweitern.
Die Zusammenarbeit beider Projektgruppen im Gefängnis fand im engen zeitlichen Raster der JVA statt. Dies sorgte zwar zum einen für eine sehr effiziente Arbeit, zum anderen aber auch für Eile. So war manchmal zu wenig Zeit für intensive gemeinschaftliche Vorbereitungen. Die Zusammenarbeit der beiden Vorbereitungsgruppen verlief sehr harmonisch und war geprägt von ehrlichem Interesse am anderen Leben. Im Großen und Ganzen war dieses Projekt eine positive Erfahrung für alle Beteiligten. Gegenseitig bestehende Vorurteile wurden aufgedeckt und erkannt. Inwieweit sie bei allen beteiligten Personen abgebaut wurden, lässt sich nicht für alle gleichermaßen sagen. Dies ist von Person zu Person unterschiedlich und Teil eines noch nicht abgeschlossenen Prozesses.