Vier Abende für Begegnung und Austausch mit 30 – 50-Jährigen in der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Jena/ Sprengel Nord
Ein Beitrag von Juliane Schlenzig
„Erwachsen Glauben leben“ – unter diesem Titel begann ich im Herbst 2016 Ideen für ein Gemeindeprojekt mit Menschen zwischen 30 und 50 Jahren zu sammeln. Grund dafür war einerseits die Lücke von Angeboten für Menschen dieser Altersgruppe und das Wegbleiben derselben vom sonntäglichen Gottesdienst im Gemeindesprengel Jena-Nord, in dem ich als Vikarin tätig bin. Andererseits hatten sich durch meine Arbeit im Familienbereich innerhalb des Sprengels immer wieder sehr interessante Gespräche mit Erwachsenen ergeben, bei denen ich mehrfach den Wunsch nach einer Art Gesprächsangebot speziell für diese Gruppe in der Gemeinde wahrgenommen habe.
So lud ich Interessierte aus dem Sprengel zunächst zu einem offenen Austausch ein, um herauszufinden, welche Bedürfnisse bei der Altersgruppe bestehen. Während dieses ersten Treffens ergab sich schließlich die Projektidee, vier Abende zur Begegnung und zum Austausch über Glaubensthemen für Menschen zwischen 30 und 50 Jahren zu planen.
Zusammen mit den interessierten Ehrenamtlichen wollte ich ein zeitlich begrenztes Angebot schaffen, um gemeinsam über Glaube ins Gespräch zu kommen, vor allem aber auch die Gemeinde als Ort der Gemeinschaft und des Austauschs stärker ins Bewusstsein zu rücken.
Zielgruppe sind Erwachsene zwischen 30 und 50, die im Alltag unserer Gemeinde bisher in erster Linie reduziert auf ihre Rolle als „Eltern“ in Erscheinung treten. Diese sollten nun selbst als Subjekte ihren eigenen religiösen Fragen nachgehen können – unabhängig von ihren Kindern und vor allem unabhängig davon, ob sie selbst Kinder haben. Dabei sollten sich sowohl Mitglieder der Kerngemeinde als auch der Gemeinde fernstehende Christen durch das Angebot angesprochen fühlen.
Die Projektgruppe wurde durch persönliche Ansprache und die Nutzung diverser Mailverteiler gewonnen. Es handelte sich letztlich um 5 Erwachsene im Alter von 36 bis 51 Jahren, die Interesse daran hatten, ihrem eigenen Glauben ein Stück weit auf die Spur zu kommen, neue Aspekte kennenzulernen und in den Austausch mit anderen zu treten. Sie erklärten sich bereit, eigenständig die Veranstaltung für die Zielgruppe vorzubereiten. Praktisch ordneten wir allen Teilnehmenden die Gestaltung eines Abends für die Zielgruppe zu, die diese dann in enger Abstimmung mit mir und den anderen Mitgliedern der Projektgruppe vorbereiteten.
a) Projektgruppentreffen
In den Projektgruppentreffen einigten wir uns zunächst auf einen zeitlichen Rahmen von vier Terminen für die Veranstaltungsreihe. Anschließend wählten wir die Themen aus, wobei sich die Cluster-Methode als sehr hilfreich erwies, um einen guten Überblick über die Interessen der Teilnehmenden zu bekommen und eine inhaltliche Struktur der Veranstaltung erarbeiten zu können. In der Folgesitzung wurde bedacht, was inhaltlich in den vier zu gestaltenden Abenden vorkommen sollte.
Dazu bereitete ich große A1-Blätter vor, auf die die Teilnehmenden ihre Wünsche und Anregungen notieren konnten (Schreibgespräch). In diesem Zusammenhang wurden auch die Zuständigkeiten geklärt. In der Folgesitzung stellten die Projektgruppenmitglieder die Überlegungen zu „ihren“ Abenden ebenfalls auf A1-Blättern vor, die dann von den anderen Mitgliedern mit Klebezetteln kommentiert werden konnten. Auf diese Weise erhielten sie sehr schnell Rückmeldung zu ihren Überlegungen, wurden auf weitere Aspekte aufmerksam gemacht und konnten Verständnisfragen leicht klären. Zugleich konnten sie diese Visualisierungen mit nach Hause nehmen, um sie für die Planung „ihres“ Abends zu nutzen. Als hilfreich erwies sich auch, dass ich für die Planungsabende jeweils ein Protokoll anfertigte, dass den Teilnehmenden im Nachgang immer per Mail zugeschickt wurde.
b) Veranstaltungsabende für die Zielgruppe
In der Projektgruppe hatten wir uns darauf geeinigt, dass alle Abende formal der gleichen Struktur folgen sollten: Ankommen und kurze Vorstellungsrunde, thematischer Impuls, Andacht, Ausklang bei Knabbereien und Getränken. Mit dieser Struktur wollten wir den Erwartungen entsprechen, die die Projektgruppe auch selbst an die vier Abende richtete: Das Knüpfen von Kontakten in angenehmer Atmosphäre, das Erleben spiritueller Praxis in Gemeinschaft und nicht zuletzt die inhaltliche Auseinandersetzung mit Aspekten des eigenen Glaubens. Die vier Abende standen dabei unter den folgenden Themen: „Beten“, „Singen“, „Lesen“, „Fasten & Feiern“.
Für mich erstaunlich und schön zu sehen war, wie engagiert sich die Projektgruppe einbrachte, wie interessant und spannend der Austausch war, wie niveauvoll und produktiv die Vorbereitung der einzelnen Abende. Innerhalb der Projektgruppe funktionierte das Knüpfen der Kontakte sehr gut und ich habe den Eindruck, dass durch die Arbeit die Bindung an die Ortsgemeinde bei einigen Mitgliedern stärker geworden ist: Sie haben einander besser kennengelernt und die Erfahrung gemacht, dass sie mit ihren Fragen und Anliegen nicht alleine sind, sondern dass sie Teil einer Gemeinschaft sein können, die ähnliche Interessen und Wünsche hat. Dass sie sich gemeinsam auf die Suche nach Antworten machen können, auch, wenn diese im Einzelfall unterschiedlich ausfallen mögen.
Auch mit Blick auf die Zielgruppe gilt dieser Befund. Die Projektabende fanden alle in einer angenehmen und anregenden Atmosphäre statt. Allerdings war festzustellen, dass das Publikum der Abende letztlich doch ungefähr zur Hälfte aus älteren Gemeindegliedern bestand. Dies war dem Miteinander an den einzelnen Abenden nicht abträglich und wurde durchaus auch als Bereicherung empfunden. Jedoch wurde so der ursprünglich formulierte Anspruch, Menschen zwischen 30 und 50 verstärkt zu erreichen, nur teilweise erfüllt.
Insgesamt waren sich am Ende des Projektes sowohl die Projektgruppe als auch die Teilnehmenden der vier Abende einig, dass ihr (Glaubens-)Leben durch das gemeinsame Tun, Nachdenken, Beten und Sprechen sehr bereichert worden ist.