„Vielfältig leben und feiern“ – unter diesem Titel begann ich im Herbst 2016 Ideen für ein Gemeindeprojekt zum Thema Inklusion zu sammeln.
Ein Beitrag von Christin Bärwald
„Vielfältig leben und feiern“ – unter diesem Titel begann ich im Herbst 2016 Ideen für ein Gemeindeprojekt zum Thema Inklusion zu sammeln. Anknüpfen konnte ich dabei an das Inklusionstagfest vom 06. Mai 2017 in Apolda, das anlässlich des Europäischen Protestages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung durchgeführt wurde. Die Idee bestand darin mit einer Projektgruppe, bestehend aus Menschen mit und ohne geistige und körperliche Behinderung, einen inklusiven Gottesdienst mit gemeinsamem Mittagessen zu konzipieren und durchzuführen.
Ziel dieses Projektes war es, die Vielfältigkeit innerhalb der Kirchgemeinde in einer gemeinsamen Feier des Glaubens aktiv lebendig werden zu lassen und allen Gemeindegliedern die Teilhabe an der christlichen Gemeinschaft und ihren Lebensvollzügen zu ermöglichen. Es waren alle Menschen auch über Gemeinde- bzw. Kirchenzugehörigkeiten hinaus eingeladen an diesem inklusiven Gottesdienst aktiv teilzunehmen.
Die Zielgruppe sind Erwachsene mit und ohne geistige und/oder körperliche Behinderung, die vorrangig aber nicht ausschließlich Gemeindeglieder sind.
Die Projektgruppe wurde durch persönliche Ansprache gewonnen. Es handelte sich letztlich um 6 Erwachsene und eine Jugendliche mit und ohne geistige bzw. mehrfache Behinderung, die Interesse daran hatten, sich mit dem Thema Inklusion intensiv auseinander zu setzen und gemeinsam einen Gottesdienst zu planen und zu gestalten.
Projektgruppentreffen
Die Projektgruppentreffen fanden freitags nach 16 Uhr statt. Dabei wurde auf die jeweilige Situation der Projektgruppenteilnehmer*innen Rücksicht genommen. Die Gruppenkonstellation war sehr heterogen, was dem Thema und dem Charakter des Projekts entsprach. Durch die verschiedenen persönlichen Zugänge zu dem Thema Inklusion im eignen Umfeld konnte die Gruppe von den individuellen Erfahrungen profitieren und sowohl das Problembewusstsein als auch die Kenntnisse diesbezüglich erweitern. In den Projektgruppentreffen wurden nicht nur Thema und Ablauf des Gottesdienstes sowie die Arbeitsverteilung festgelegt, sondern auch intensiv thematisch gearbeitet. Zu den einzelnen Treffen wurden der eigene Zugang zum Thema Inklusion sowie der Umgang mit leichter Sprache thematisiert.
Planungspunkte:
- Kleine inklusiv gemischte Gruppe bereitet die einzelnen Teile des Gottesdienstes vor.
- Eine größtmögliche Beteiligung der Gemeinde wird erreicht, indem bspw. das Agapemahl in den Reihen einander weitergereicht und eine Gemeindeaktion durchgeführt wird.
- Als Gemeindeaktion wird ein Mosaik aus farbigen Acrylscheiben (8x8cm) hergestellt, auf die mit wasserfesten Stiften individuelle Symbole, Worte oder Bilder gezeichnet werden. Neben den kleinen Acrylscheiben wird auch eine 1x1m große durchsichtige Acrylscheibe sowie Acrylkleber benötigt.
- Darüber hinaus wurden als Hinweise, die in der Durchführung des Projekts zu bedenken sind, festgehalten: (a.) Liedzettel, Gesangbücher oder eine PowerPointPräsentation? (b.) Liedzettel in Blindenschrift? (c.) Gehörlosendolmetscher? (d.) Dauer des Gottesdienstes? (e.) Generalprobe? (f.) Gebete, Texte und sonstigen Artikulationen sollen in leichter bzw. einfacher Sprache verfasst sein. (g.) Musik mit Band? (h.) Barrierefreier Zugang zur Kirche? (i.) Bereitstellung des Essens?
Inklusiver Gottesdienst
Der Gottesdienst fand am 06. Mai 2018 um 10 Uhr statt. Die Planungsgruppe traf sich schon 09 Uhr, um alle nötigen Vorbereitungen zu koordinieren. Beschlossen wurde der Gottesdienst nach dem gemeinsamen Mittagessen gegen 13 Uhr.
Rückblickend kann festgehalten werden, dass dieses Projekt im Prozess hin zu einer inklusiven Gemeinde ein positiver Schritt war. Es entstand in der Projektgruppe eine gute Zusammenarbeit zwischen Personen mit und ohne geistige Behinderung, die auch durch regelmäßige Kontakte über das Projekt hinaus Wirkung gezeigt hat. Ein weiterer positiver Effekt des Projektes liegt in der Auseinandersetzung der Gemeinde mit dem Thema Inklusion, das rege diskutiert und in verschiedensten Gruppen und Kreisen behandelt wurde. Auch die Kooperation mit anderen gesellschaftlichen und sozialen Institutionen konnte gestärkt werden. Das Projekt konnte m. E. letztlich so gut funktionieren, weil es getragen wurde von einem lebendigen und wachen Miteinander der unterschiedlichsten Menschen und Institutionen. Alle haben sich vorurteilslos auf mein Vorhaben eingelassen und einen bunten und fröhlichen Gottesdienst gefeiert. Überrascht und zugleich hoch erfreut war die Projektgruppe über die große Zahl der Gottesdienstbesucher*innen. Es waren viele Menschen im Gottesdienst, die sonst kaum Berührungspunkte mit der Institution Kirche hatten. Einziger Wermutstropfen war die geringe Beteiligung der traditionellen Gottesdienstgemeinde.