Gemeinsam unterwegs – zu Fuß, mit Rad oder Auto

Ein Pilgertag in der Region Nördliches Zeitz.

Ein Beitrag von Ingrid Gätke

Projektidee

Die Region Nördliches Zeitz (im folgenden mit Nözz abgekürzt) ist seit 2007 ein Zusammenschluss von mehreren Pfarrbereichen mit insgesamt 36 Kirchen und 52 Orten. Im südlichen Sachsen-Anhalt liegend stellt sich die Region Nözz den grundlegenden Herausforderungen im ländlichen Raum (Abwanderung, Alterung der Bevölkerung, veränderten Strukturen). Die Kirchengemeinden teilen diese Beobachtung: die jüngere Generation wandert ab, die ältere Generation ist weniger mobil, gleichzeitig ist aber in der Region Nözz der regionale Gedanke ein Grundpfeiler aller Arbeit. Die (weitere) Stärkung der Gemeinschaft im Nözz ist ein wichtiges Ziel der Mitarbeitenden und des Regionalbeirates. Um dies ist in einer so großen Region wie dem Nözz (knapp 40 km Ost–West und knapp 25 km Nord-Süd Ausdehnung) kontinuierlich zu gewährleisten, braucht es immer wieder neue Ideen und Menschen, die sich dafür engagieren. Darüber hinaus entstand 2017 auf der Zehnjahrestagung der Region die Idee, sich außerhalb der Gottesdienste und regelmäßigen Veranstaltungen gegenseitig zu besuchen. Des Weiteren wird nach Möglichkeiten gesucht, die bisher verstärkt von Kirche angebotenen kognitiven Veranstaltungen durch körperbezogene und kreative zu ergänzen bzw. die verschiedenen Ansätze sinnvoll miteinander zu verbinden.

Das Thema Pilgern, das seit nunmehr vielen Jahren wieder sehr präsent ist, kann die verschiedenen Bedürfnisse gut miteinander verknüpfen. Wichtig war der Projektgruppe dabei, möglichst allen Generationen eine Teilnahme am Pilgertag zu ermöglichen. Dies führte zur Vorbereitung verschiedener Routen, die zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto zurück gelegt werden konnten.

Mit dem Angebot des Pilgertages wird versucht, den veränderten Bedürfnissen Rechnung zu tragen und einen ersten Schritt in Richtung verknüpfender Ansätze zu gehen und bewusst Menschen mit diesem Angebot anzusprechen, die bisher nicht zur Zielgruppe kirchlicher Veranstaltungen gehören.

Ziel

Beim klassischen Pilgern wird dem einzelnen oder der Gruppe durch die zurückgelegten Strecken und dem dabei ganz automatisch erfolgenden Rückbesinnen auf Wichtiges, der Entschleunigung, der Begegnung mit Gleichgesinnten und Gesprächen unterwegs eine Auseinandersetzung mit der eigenen Religiosität, mit Sinn~ und Glaubensfragen und nicht zuletzt dadurch auch andere, neue Formen der Gottesbegegnung ermöglicht.

Die Projektgruppe des Pilgertages orientierte sich an diesen Wünschen und definierte ihr Ziel für dieses Projekt und den Pilgertag wie folgt: Unterstützt durch inhaltliche Impulse zum unterwegs sein, soll /wird den Teilnehmenden durch das gemeinsame Unterwegssein ein anfängliches Eintauchen in religiöse Grundfragen und Gottesbegegnung ermöglicht. Die Begegnung mit den Gemeinden vor Ort erweitert das eigene Blickfeld und trägt dazu bei, den Gemeinschaftscharakter zu fördern.

Zielgruppe

Als Zielgruppe für den Pilgertag sind grundsätzlich von klein bis groß alle Menschen, kirchennahe und kirchenferne, angesprochen.

Projektgruppe

Es konnten insgesamt sechs Ehrenamtliche (eine war die Enkeltochter einer Ehrenamtlichen) für dieses Projekt gewonnen werden. Vier weibliche und ein männliches Mitglied. Zwei weibliche und der männliche Ehrenamtliche leisteten von zu Hause aus Zuarbeiten. Die restlichen zwei erwachsenen weiblichen Ehrenamtlichen und die Enkeltochter trafen sich regelmäßig zu Vorbereitungstreffen.

Verlauf

An einem Samstag zwischen 10 Uhr und 16 Uhr wird von einem zentralen Anfangspunkt aus nach einer gemeinsamen Andacht in den verschiedenen Pilgergruppen zu Fuß, mit dem Rad und dem Auto zu den einzelnen Stationen aufgebrochen. Die ersten drei Stationen waren für alle Pilgergruppen gleich. Die Rad- und Autofahrer, die natürlicherweise schneller an den Stationen waren, hatten vor Ort längere Möglichkeit zu Gespräch, Begegnung und Pause. Die Gemeinden vor Ort hatten im Vorfeld selbstständig das Programm organisiert. An den einzelnen Stationen standen weitere Ehrenamtliche zur Verfügung, die über ihre Kirchen und Gemeinde berichteten. An einer Station gestaltete ein Chor das Programm mit. Die Rad~ und Autofahrer hatten dann die Möglichkeit, eine weitere Kirche zu besuchen, während die Fußgänger den Heimweg antraten. Gemeinsam wurde dann eine Abschlussandacht gefeiert.

Die Andachten griffen das grundsätzliche Thema des Pilgerns auf: unterwegs sein und gaben Impulse zum Nachdenken über die eigene Religiosität. An den einzelnen Stationen konnte ein zuvor ausgeteilter Pilgerpass abgestempelt werden. Zum Abschluss konnte die Kirche in Hohenmölsen ebenfalls besichtigt werden und danach trafen sich alle zum Kaffeetrinken im Pfarrgarten.

Streckenverlauf: Hohenmölsen – Wählitz – Webau – (Rad- und Autofahrer: Taucha) – Hohenmölsen

Ergebnisse und kritische Reflexion

Verschiedene Teilnehmende des Pilgertages, die vorher kaum kirchliche Angebote wahrgenommen haben, besuchen heute ab und zu Veranstaltungen und bekunden ihr Interesse an einer Mitgestaltung des Gemeindelebens. Ein Teilnehmer, der anfänglich aus reinem „Radfahrinteresse“ zum Pilgertag gekommen war und als sogenannt kirchenfern bezeichnet werden kann, äußerte am Ende des Tages seinen Dank und erzählte von seinen eigenen religiösen Gedanken während des Pilgertages. Bisher war Religion und Radfahren für ihn in keinerlei Zusammenhang gebracht worden. Andere Teilnehmende des Pilgertages bestärkten den Eindruck, dass während des gesamten Pilgertages die, von der Vorbereitungsgruppe erhoffte, Besinnung auf das Wichtige, Grundsätzliche und das Angeregt werden, über die eigene Religiosität nachzudenken, eingetreten war. Im Nachgespräch zum Pilgertag und aufgrund der positiven Rückmeldungen bezüglich des Zusammenspieles von Körperlichkeit und Inhalten, wurde der Wunsch geäußert, in Zukunft neben bestehenden Angeboten ein Augenmerk auf körperbezogene Angebote zu legen und darüber hinaus ein wirklich erweitertes Zielgruppenspektrum zu ermöglichen.

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